Ein ganz und gar verlorenes Schützenjahr

Neun Monate ohne Schießabende, Schnatgang und Wiesenfest Entscheidung über das Schützenfest 2021 noch offen

Ein ganz und gar verlorenes Schützenjahr Neun Monate ohne Schießabende, Schnatgang und Wiesenfest Entscheidung über das Schützenfest 2021 noch offen

Lage.
Hinter der Schützengilde der Stadt Lage liegen neun Monate ohne Schießabende, Kompanievergleichsschießen, Oberst-Pokal-Wettkampf, Schnatgang und Wiesenfest. Jeder Stammtisch und jeder Wettkampf, alle geselligen Treffen und alle Versammlungen wurden wegen der Corona-Schutzmaßnahmen und der damit zusammenhängenden Grundrechte-Einschränkungen abgesagt bzw. verboten. Und zwar nicht nur, weil es in den Verordnungen des Landes NRW so vorgeschrieben war, sondern auch aus Einsicht und Verantwortung, wie Oberstvorsitzender Michael Krügermeyer-Kalthoff und Oberstadjutant Erhard Kirchhof betonen.
Die Gesundheit der Menschen habe Vorrang vor der Geselligkeit, unterstreichen die beiden Vorstandsmitglieder der Gilde. Schützen wollen schützen, so Oberst und Adjutant, sich selbst und andere. Der Wunsch nach Gemeinschaft und Austausch sei nachvollziehbar. Die Schützengilde lebe förmlich von der Geselligkeit und dem Miteinander. Aber während der Corona-Pandemie sei es nicht möglich, ein „normales Schützenjahr“ zu begehen. Deshalb habe man auch die Generalversammlung der Gilde absagen müssen. Sie war für Freitag, 13. November 2020, vorgesehen und soll nach Möglichkeit Ende Februar 2021 nachgeholt werden.
Auf der kommenden Generalversammlung wird möglicherweise auch darüber beraten werden, ob das Schützenfest ausgerichtet werden kann, das eigentlich vom 11. bis 14. Juni 2021 gefeiert werden soll. Ende Februar muss hinsichtlich des Schü­t­zen­fes­tes noch keine Entscheidung getroffen werden, so Michael Krügermeyer-Kalthoff. Aber spätestens Mitte März bzw. drei Monate vor dem Schützenfesttermin nahe die Stunde der Wahrheit. Dann müsse beschlossen werden: ja oder nein. Länger könne man eine Entscheidung über ein so großes Fest nicht hinauszögern, weiß der Oberst. Ein Verlegen des Festes, etwa bis in die Zeit nach den Schul-Sommerferien, komme auch nicht in Frage.

Stopp im März
Die Corona-Pandemie wurde in Deutschland gerade in dem Moment festgestellt, als die Schützengilde mit den Schießabenden in das neue Schützenjahr starten wollte. Am 25. März stellte der Bundestag eine „epidemische Lage von nationaler Tragweite“ fest. Am 27. März 2020 trat das „Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ in Kraft. Um die Pandemie einzudämmen, beschlossen Bund und Länder Mitte März 2020 weitgehende Einschränkungen für das öffentliche Leben, wie gleichzeitig auch viele andere Länder weltweit.
Mit den Einschränkungen kam auch das Leben auf dem Schießstand an der Eichenallee zum Erliegen.
Nach den ersten Wochen der sprachlosen Bestürzung und Betroffenheit beriet Anfang Mai der Stab der Schützengilde, ob es mit den Angeboten und Veranstaltungen der Kompanien, des Alten Rotts, des Damenrotts und des Bataillons unter den Schutzmaßnahmen während der Corona-Pandemie weitergehen könnte. Michael Krügermeyer-Kalthoff und Erhard Kirchhof: „Der erweiterte Vorstand kam einmütig zum Beschluss, dass in den folgenden Wochen auf dem Schießstand keine Schießveranstaltungen durchgeführt werden könnten. Da die Gewehre von mehreren Personen genutzt werden und jede Person den Gewehrschaft mit Hand und Gesicht berührt hätte, musste der Schießbetrieb eingestellt werden.“

Absagen im Mai
Der Stab der Gilde sagte Anfang Mai auch alle Stammtische und ähnliche Treffen am Schießstand für die nächsten Wochen ab. Die Abstandsregeln seien im Stand nicht einzuhalten. Außerhalb des Standes im Biergarten zu trinken, würde kein gutes Bild auf den Verein werfen, so der Vorstand. In der Absage hieß es damals: „Zudem müssten auch hier (= im Biergarten) Personen ständig darauf achten, dass die Abstandsregel von allen eingehalten wird. Zudem müssen wir uns dringend Gedanken darüber machen, ob wir überhaupt noch gezapftes Bier ausschenken können, denn im Moment erfüllen wir an der Theke die Hygienevorschriften mit Sicherheit nicht. Aus diesem Gründen wird der Schießstand zunächst den gesamten Mai weiterhin geschlossen bleiben.“
Anfang Mai wurden vom Land NRW einige Beschränkungen schrittweise wieder aufgehoben, aber für die Schützengilde hatten diese Öffnungen keine Konsequenzen. Aus dem Mai-Beschluss des erweiterten Vorstandes, keine Schießveranstaltungen zuzulassen und Treffen am Schießstand abzusetzen, ergab sich folgerichtig, das für den 7. Juni vorgesehene Kompanievergleichsschießen sowie den Wettkampf um den Oberst-Krietenstein-Pokal abzusagen.
Zeitgleich wurde das Wiesenfest verworfen, denn noch war die Gilde hinsichtlich des Wiesenfes­tes keine schwerwiegenden Verträge eingegangen. Michael Krügermeyer-Kalthoff und Erhard Kirchhof: „Es war zu jener Zeit nicht absehbar, wie die Pandemielage im September sich darstellen würde und welche Hygieneregeln gelten würden. Auf diese Unwägbarkeiten durfte die Gilde sich nicht einlassen.“

Hohe Akzeptanz
Dem Vorstand seien wegen der Absagen aus den Reihen der Mitglieder keine Beschwerden zu Ohren gekommen. Niemand sei wegen des Ausfalls der Veranstaltungen aus der Gilde ausgetreten. Auch die im Damenrott und im Alten Rott organisierten jungen Leute hätten die Zeit des Verzichts klaglos akzeptiert. Oberst Krügermeyer-Kalthoff: „Mir ist nicht bekannt, dass sich jemand beschwert hätte. Die Entscheidungen wurden den Mitgliedern offen kommuniziert und von diesen ebenso offen akzeptiert.“
Relativ lange habe man an der Möglichkeit des Schnatgangs am 12. September zum Windhof festgehalten, weil eine kurzfristige Absage dieser geselligen Wanderung nicht zu finanziellen Schäden bzw. Ersatzansprüchen geführt hätte.
Aber ein Schnatgang bestehe nicht nur aus einer Wanderung, sondern ebenso aus dem Beisammensein auf dem Hof und aus dem Ausklang in der Stadt. Für diese Geselligkeitsveranstaltungen hätte der Gildenvorstand kein realistisches Hygienekonzept aufstellen können.
Möglicherweise hätte der Schnatgang die Gilde in ein vollkommen falsches Licht gerückt, so Oberst und Adjutant. In Zeiten von Covid 19 seien leutselige Feiern vieler Menschen aus unterschiedlichen Haushalten mit Alkohol und Horrido weder angemessen noch zu verantworten. Auch die Absage des Schnatgangs sei von den Mitgliedern akzeptiert worden. Im Jahr 2022 wolle man den Schnatgang zum Windhof nachholen. Und dann werde Antje Krietenstein auch die Ehrenmitgliedschaft in der Schützengilde der Stadt Lage übertragen.


Bitter für den Thron
Besonders getroffen und betroffen vom verlorenen Schützenjahr sei der amtierende Thron um König Jörg „Josh“ Leidt und Königin Kirsten „Ciddy“ Reiche. Keine Veranstaltung, während der sich die Majestäten dem Bataillon und den Kompanien hätten präsentieren können, habe stattgefunden. Und das könne man auch nicht nachholen. Das sei bitter.
Was den normalen Schießbetrieb am Schießstand betrifft, habe der Vorstand nicht ausschließlich abgewartet und die Hände in den Schoß gelegt. Krügermeyer-Kalthoff: „Wir haben ein bereits genehmigtes Hygiene-Konzept in der Schublade. Dies sollte in den letzten Monaten des Jahres helfen, den Schießbetrieb wieder aufzunehmen. Da aber die Infektionszahlen wieder anstiegen, sind laut Coronaschutzverordnung Schieß­abende unzulässig.“
Ein Schützenjahr ohne Vereinsleben dürfe und werde sich nicht wiederholen, sind sich Michael Krügermeyer-Kalthoff und Erhard Kirchhof einig. Für das kommende Jahr werde man Möglichkeiten und Alternativen suchen. Und finden.